Gesund leben Mit Angst umgehen
Gesteigerte Angst und Panik können das Leben stark beeinträchtigen. Kurzfristige Erleichterung tritt ein, wenn Ängste vermieden und Angstsituationen verlassen werden. Das kann die Angst jedoch langfristig aufrecht halten. Nachhaltiger ist es meist, sich den Ängsten zu stellen.
Auf einen Blick
- Angst warnt die Menschen vor Gefahr. Sie setzt Körperreaktionen in Gang, die Energie für „Angriff“ oder „Flucht“ bereitstellen.
- Einige Menschen erleben jedoch wiederkehrende Panik, obwohl es gar keine Gefahr gibt.
- Angst kann sich in einem Teufelskreis weiter steigern, wenn die eigenen Körperreaktionen als Gefahr eingeschätzt werden.
- Gefürchtete Situationen zu vermeiden, führt zu kurzfristiger Erleichterung, kann die Ängste aber langfristig verstärken.
- Vielen hilft es, sich den Ängsten zu stellen.
- Wenn Ängste das Leben einschränken, sollte man sich professionelle Unterstützung suchen.
Hinweis: Die Informationen dieses Artikels können und sollen einen Arztbesuch nicht ersetzen und dürfen nicht zur Selbstdiagnostik oder -behandlung verwendet werden.

Was sind Angst und Panik?
Angst warnt Menschen vor Gefahr und kann ein äußerst unangenehmes, bedrohliches Gefühl sein. Doch ohne Angst hätten die Menschen nicht überlebt, denn eine angstfreie Person erkennt keine Gefahren.
Mit der Angstreaktion werden im Körper Prozesse in Gang gesetzt, die sehr schnell Energie für eine Reaktion auf die Gefahr bereitstellen – zum Angriff oder zur Flucht. Dafür werden Stresshormone wie Adrenalin ausgeschüttet. Diese bewirken, dass das Herz schneller schlägt, um die Muskeln mit sauerstoffreichem Blut zu versorgen. Auch Schwitzen und Unwohlsein gehören zu dieser Reaktion. Organe, die man zur Flucht oder zum Angriff nicht benötigt, werden weniger durchblutet. Dazu zählt beispielsweise das Verdauungssystem.
Es gibt also Angst bei konkreten Gefahren wie Feuer, Gasgeruch oder gefährlichen Tieren. Daneben gibt es auch Ängste, die auftreten, obwohl es keine tatsächliche Gefahr gibt. Dazu gehören beispielsweise gesteigerte Angst vor negativer Bewertung durch andere Menschen oder anhaltende Angst davor, trotz unbedenklicher Befunde eine schwere Erkrankung zu haben.
In diesem Beitrag geht es um diese gesteigerte Angst sowie um Panik. Panik ist eine sehr intensive Form von Angst vor einer angenommenen oder tatsächlichen Bedrohung.
Wann wird Angst zur Belastung?
Einige Menschen erleben häufig „Fehlalarme“: Sie haben belastende Angstgefühle, obwohl keine akute Gefahr besteht. Ängste können dabei von leichter Unruhe bis hin zu ausgeprägter Panik reichen.
Panik tritt zu Beginn meist plötzlich auf und ist zeitlich begrenzt. In der Regel hat man während einer Panikattacke Angst davor, zu sterben oder die Kontrolle über Geist und Körper zu verlieren. Viele Betroffene befürchten nach einer ersten Panikattacke, dass die Panik erneut auftritt: Sie haben Angst vor der Angst.
Wenn Sorgen, Nervosität oder Panik das Leben für längere Zeit beeinträchtigen, kann eine generalisierte Angststörung oder eine Panikstörung vorliegen.
Einige Menschen sind anfälliger für Angsterkrankungen als andere. Um eine Angsterkrankung zu entwickeln, müssen in der Regel verschiedene Faktoren zusammenkommen. Belastende Ereignisse in der Vergangenheit können zum Beispiel dazu führen, dass Betroffene anfälliger für starke Angst und Panik sind.
Kommen zu dieser allgemeinen Anfälligkeit belastende Lebensereignisse wie der Tod eines geliebten Menschen, eine Trennung oder eine Übergangsphase im Leben mit einer Zunahme von Verantwortung, kann sich eine Angsterkrankung entwickeln. Bei anderen Menschen würde die gleiche Belastung unter Umständen nicht ausreichen, um diese Beschwerden hervorzurufen.
Video Was ist eine generalisierte Angststörung?
In diesem Video erfahren Sie mehr über Symptome und Behandlungsmöglichkeiten einer generalisierten Angstörung.
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Was ist der „Teufelskreis der Angst“?
Manchmal verstärken sich Körperempfindungen, Gedanken, Gefühle und körperliche Reaktionen gegenseitig innerhalb kurzer Zeit und die Angst steigert sich in einer Art Teufelskreis.
Ein Beispiel: Eine Person geht in einem Kaufhaus einkaufen und es wird immer voller. Ihr wird immer wärmer. Sie nimmt wahr, dass sie anfängt zu schwitzen. Dann hat sie den Gedanken: „Ich schwitze plötzlich so stark, mit mir stimmt etwas nicht“ und bekommt Angst.
Die Angst setzt Veränderungen im Körper in Gang, zum Beispiel die Ausschüttung von Stresshormonen. Dadurch erhöht sich der Puls. Die Person nimmt jetzt den schnellen Puls und einen Druck auf der Brust wahr und denkt: „Ich bekomme einen Herzinfarkt!“
Die Angst steigt durch diese Gedanken nun rasant an, die Hormonausschüttung ebenfalls. Der Puls scheint zu rasen. Der Druck in der Brust wird immer stärker. Die Person bekommt Panik.
Was bewirkt die Vermeidung von gefürchteten Situationen?
In der Regel neigen Menschen dazu, Unangenehmes zu vermeiden. Bei einer Person, die Panik an einem bestimmten Ort oder in einer bestimmten Situation erlebt hat, kann es deshalb dazu kommen, dass sie diese Situation oder diesen Ort in Zukunft meidet. Bei Angst vor bestimmten Dingen oder Lebewesen, beispielsweise Spritzen oder Spinnen, werden diese gemieden.
Wenn die Person versucht, sich der Situation oder dem Objekt zu nähern, kann es sein, dass sie beim ersten Anzeichen von Angst flieht. Sie befürchtet, dass sich die starke Angst oder Panik wiederholt. Sie empfindet also eine Bedrohung, auch wenn von dem Ort, dem Objekt oder der Situation keine Gefahr ausgeht.
Kurzfristig bringt die Flucht Erleichterung und die Angst nimmt ab. Ob die Vermeidung der gefürchteten Orte, Dinge und Situationen auch eine langfristige Lösung sein kann, hängt von verschiedenen Faktoren ab. Zum einen ist die Frage, wie abhängig Menschen von den Orten oder Objekten sind, die sie aus Angst vermeiden: In Deutschland kann man vielleicht gut mit Angst vor Schlangen leben, da sie selten vorkommen. Hingegen ist es schwieriger, wenn man Angst vor Spritzen, Supermärkten oder dem Bahnfahren hat.
Zum anderen kann es passieren, dass die Ängste sich von einer gefürchteten Situation auf andere Situationen ausweiten – beispielsweise von Kaufhäusern auf Supermärkte. Das kann dazu führen, dass die Situationen zwar vermieden werden können, das Leben dadurch aber auch immer weiter eingeschränkt wird.
Wie kann man konkret mit Angst umgehen?
Es ist wichtig, etwas gegen eine gesteigerte Angst zu tun, denn nur selten verschwinden diese Ängste von allein.
Einschätzung der Gefahr
Langfristig führt Vermeidung oft zu Einschränkungen und bestätigt die ängstlichen Gedanken. Es ist daher ein wichtiges Ziel, sich der Angst zu stellen. Eine wichtige Frage in diesem Zusammenhang ist, ob in den Situationen, die gemieden werden, wirklich eine erhöhte Gefahr besteht.
Wenn sich ein Panikanfall aus der berechtigten Sorge vor einer ernsthaften Erkrankung entwickelt, sollten entsprechende ärztliche Untersuchungen stattfinden. So kann man herausfinden, ob tatsächlich ein erhöhtes Risiko besteht.
Minimales Risiko akzeptieren
Es gibt im Leben keine 100-prozentige Sicherheit: Rein theoretisch können jederzeit schlimme Dinge passieren. Daraus könnte man die Konsequenz ziehen, sich zur Sicherheit vollständig aus dem Leben zurückzuziehen. Doch ein starker Rückzug erhöht sogar das Risiko, eine Angsterkrankung zu entwickeln, beispielsweise durch Bewegungsmangel und soziale Isolation. Es ist gesund und vernünftig zu akzeptieren, dass ein kleines Risiko zum Leben dazugehört – und sich durch dieses kleine Risiko nicht einschränken zu lassen.
Sich den Ängsten stellen
In den meisten Fällen spricht nichts dagegen, sich einer ungefährlichen, aber gefürchteten Situation zu stellen. Dieses Vorgehen wird auch Konfrontation oder Exposition genannt. Um diesen Prozess zu begleiten, ist eine professionelle Unterstützung sinnvoll. Es kann in einigen Fällen ausreichen, sich das gefürchtete Objekt oder die gefürchtete Situation vorzustellen oder ein Bild davon anzusehen. Doch warum sollte man sich absichtlich in eine Situation begeben, vor der man große Angst hat?
Bei der Beantwortung dieser Frage spielen fünf Annahmen eine wichtige Rolle, die gleichzeitig das Vorgehen bei einer Angst-Konfrontation beschreiben:
- Der ängstliche Gedanke, in akuter Gefahr zu sein, entspricht nicht der Realität.
- Die Situation kann ausgehalten werden, ohne langfristig körperlich oder psychisch Schaden zu nehmen.
- Man kann durch das Aushalten der Situation und der Angst erfahren, wie die Angst von allein wieder nachlässt. In der Regel geschieht dies nach 5 bis 30 Minuten.
- Die Situation, der Ort, das Objekt und die Angst an sich verlieren ihren Schrecken.
- Man kann die bisher vermiedenen Situationen oder Dinge wieder (nahezu) ohne beeinträchtigende Angst aufsuchen.
Zusammengefasst lernen Menschen durch die Konfrontation mit ihrer Angst, dass weder die Situation, der Ort, das Objekt noch die Angst an sich gefährlich sind. Die Ängste nehmen immer weiter ab, je häufiger man sich der Angst stellt. Die Angst lässt von allein wieder nach und die Situationen, Objekte oder Orte werden schließlich nicht mehr mit Angst in Verbindung gebracht. Auf diese Weise kann die Konfrontation dabei helfen, Ängste zu überwinden und sich wieder freier zu bewegen.
Was sind Strategien zur Vorbeugung gesteigerter Angst und Panik?
Hohe Anspannung und starke Belastungen können Menschen anfälliger für gesteigerte Angst und Panikattacken machen. Fast jeder Mensch hat eine persönliche Angstschwelle. Erst wenn diese Schwelle erreicht ist, beginnt die körperliche Angstreaktion. Damit kann auch der Teufelskreis der Angst in Gang gesetzt werden.
Alltägliche Belastungen sorgen bei allgemein niedriger Anspannung nicht dafür, dass die Angstschwelle überschritten wird. Es kommt jedoch vor, dass die allgemeine Anspannung sich auf ein hohes Niveau steigert, beispielsweise durch Arbeitslosigkeit oder soziale Isolation. Dann können möglicherweise schon alltägliche Belastungen wie Streit oder kleine Misserfolge dazu führen, dass die Angstschwelle überschritten wird. Unter diesen Voraussetzungen kann es im Alltag häufiger zu starker Angst oder Panik kommen.
Ein Beispiel kann dies veranschaulichen: Wenn Sie bis zu den Knöcheln im Meer stehen (Anspannung niedrig), muss eine große Welle (Belastung) kommen, damit die Knie (Angstschwelle) nass werden. Wenn Sie aber schon bis über die Waden im Wasser stehen (Anspannung hoch), dann werden die Knie schon bei kleinen Wellen nass (alltägliche Belastungen) – und Panik tritt häufiger auf.
Anspannung und Stress im Alltag senken
Um weniger anfällig für Angst und Panik zu sein, kann es also hilfreich sein, Anspannung und Stress im Alltag zu verringern. Dazu gibt es verschiedene Methoden.
- Entspannungsmethoden können wirksam zur Verringerung von Angst und Stress sein. Eine bekannte Form von Entspannung ist die progressive Muskelentspannung nach Jacobson (PMR). Dabei werden nacheinander verschiedene Muskelpartien zunächst angespannt und dann entspannt.
- Auch Sport und Bewegung helfen, Stress und Anspannung zu senken.
- Yoga-, Meditations- und Achtsamkeitsübungen beinhalten Bewegung, Atemtechniken und Achtsamkeit. Diese Übungen können ebenfalls bei der Verringerung von Stress helfen. Ein wichtiges Element der Praktiken ist Akzeptanz: Dinge hinzunehmen, wenn sie sich nicht ändern lassen.
- Darüber hinaus ist es wichtig, einen gesunden Lebensstil zu pflegen. Dazu gehört eine ausgewogene Ernährung, ausreichend Schlaf, wenig Alkohol und Koffein sowie der Verzicht auf Tabak und andere Drogen.
- Hilfreich ist es zudem, Aufgaben nach Wichtigkeit zu erledigen und Wochenpläne mit realistischen Zielen zu erstellen.
- Weiterhin hilft es vielen, Konflikte mit Mitmenschen aktiv anzusprechen und zu klären.
- Schließlich kann es Stress verringern, wenn man die eigenen Grenzen der Belastbarkeit kennt und verteidigt.
Was sind hilfreiche Gedanken bei gesteigerter Angst und Panik?
Folgende Gedanken können Menschen mit verschiedenen Ängsten helfen:
- Meine körperlichen Empfindungen sind kein sicherer Beweis für eine drohende Katastrophe.
- Ich lasse die Möglichkeit zu, dass ich meine körperlichen Empfindungen zu Unrecht als Gefahr interpretiere.
- Möglicherweise ist Angst der Grund für meine körperliche Reaktion.
- Die Angst an sich ist ungefährlich und geht vorüber.
Wann ist eine Therapie bei Angst notwendig?
Falls eine oder mehrere der folgenden Aussagen auf Sie zutreffen, sollten Sie sich professionelle Hilfe durch eine Psychotherapeutin oder einen Psychotherapeuten beziehungsweise eine Psychiaterin oder einen Psychiater suchen.
- Ich denke mehr als die Hälfte des Tages über meine Ängste nach.
- Ich werde durch die Ängste in meiner Lebensqualität und Bewegungsfreiheit erheblich eingeschränkt.
- Wegen meiner Ängste werde ich immer depressiver.
- Wegen meiner Ängste hatte ich schon Selbstmordgedanken.
- Ich bekämpfe meine Ängste oft mit Alkohol, Drogen oder Beruhigungstabletten.
- Wegen meiner Ängste ist meine Partnerschaft oder meine Arbeit ernsthaft in Gefahr.
Wichtig zu wissen: Zur Behandlung von Panikattacken oder einer gesteigerten Angst gibt es mehrere Möglichkeiten, zum Beispiel eine Psychotherapie, Medikamente oder beides in Kombination. Welche Therapie für Sie infrage kommt, können Sie mit Ihrer Hausärztin oder Ihrem Hausarzt besprechen.
Weiterführende Informationen zu den verschiedenen Angsterkrankungen und ihren Behandlungsmöglichkeiten finden Sie in der Patientenleitlinie der Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften e.V. (AWMF).
Wie findet man einen Psychotherapieplatz?
Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten sowie Psychiaterinnen und Psychiater in Ihrer Umgebung finden Sie über die Kassenärztliche Vereinigung. Rufen Sie dazu unter 116 117 an oder nutzen Sie die Online-Arztsuche.
Weitere Informationen zur Psychotherapeutensuche und zur Einordnung Ihrer emotionalen Belastung finden Sie auf der Seite „Wege zur Psychotherapie“ der Bundespsychotherapeutenkammer.
- Deutsche Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie, Psychosomatik und Nervenheilkunde e. V. (DGPPN). S3-Leitlinie Behandlung von Angststörungen. AWMF-Registernummer 051 - 028. 04/2021.
- Bassam K et al. Mindfulness-based stress reduction for healthy individuals: A meta-analysis. Journal of Psychosomatic Research 2015. 06/2015.
- Margraf & Schneider. Lehrbuch der Verhaltenstherapie, Band 2. Kapitel 1, 2 und 5. Springer: Heidelberg 2009.
- Miko HC et al. Auswirkungen von Bewegung auf die Gesundheit. Das Gesundheitswesen (Bundesverband der Ärzte des Öffentlichen Gesundheitsdienstes 2020.
- Pascoe MC et al. Yoga, mindfulness-based stress reduction and stress-related physiological measures: A meta-analysis,
Psychoneuroendocrinology 2017. - Ströhle A, Gensichen J, Domschke K. The Diagnosis and Treatment of Anxiety Disorders. Dtsch Arztebl Int. 2018.