Gehirnentzündung (Enzephalitis)
ICD-Codes: A85 A86 G04 G05 Was ist der ICD-Code?
Eine Enzephalitis ist eine Gehirnentzündung. Am häufigsten wird sie von Viren verursacht. Sie kann mild, aber auch sehr schwer mit bleibenden Folgeschäden verlaufen. Eine genaue Diagnose ist wichtig für die Therapie.
Auf einen Blick
- Enzephalitis ist der medizinische Begriff für eine Entzündung des Gehirns.
- Eine Enzephalitis wird meist von Viren verursacht oder durch eine Reaktion des Immunsystems gegen Gehirngewebe (Autoimmun-Enzephalitis).
- Bei einer Enzephalitis können einzelne oder mehrere Funktionen des Gehirns beeinträchtigt sein.
- Typische Beschwerden sind Bewusstseinsstörungen, Verwirrtheit, epileptische Anfälle sowie Fieber und Kopfschmerzen. Oft kommen Verhaltensänderungen und Denkstörungen hinzu.
- Je nach Ursache kann die Erkrankung mild oder schwer verlaufen.
- Wenn der Auslöser der Gehirnentzündung bekannt ist, kann die Ursache gegebenenfalls auch gezielt behandelt werden.
Hinweis: Die Informationen dieses Artikels können und sollen einen Arztbesuch nicht ersetzen und dürfen nicht zur Selbstdiagnostik oder -behandlung verwendet werden.

Was ist eine Enzephalitis?
Bei einer Enzephalitis kommt es zu einer Entzündung des Gehirns. Tritt die Gehirnentzündung zusammen mit einer Entzündung der Hirnhaut auf (Meningitis), spricht man von einer Meningoenzephalitis.
Meist ist eine Infektion durch Viren die Ursache für die Enzephalitis. Häufig lösen Herpes-simplex-Viren die Erkrankung aus.
Daneben können Autoimmunreaktionen eine Rolle in der Krankheitsentstehung spielen. Dabei handelt es sich um eine Fehlreaktion des Immunsystems, wodurch körpereigenes Gewebe angegriffen und geschädigt wird. Es handelt sich dann um eine Autoimmun-Enzephalitis.
Eine Enzephalitis kann zu Bewusstseinsstörungen, Verhaltens- und Wesensveränderungen führen. Zudem ist es möglich, dass einzelne Gehirnfunktionen ausfallen und epileptische Anfälle auftreten.
Die Erkrankung kann mild verlaufen, aber auch lebensbedrohlich sein und mit schweren, langfristigen Folgeschäden einhergehen.
Wichtig zu wissen: Bei einer durch Herpes-simplex-Viren ausgelösten Enzephalitis ist der Beginn der Behandlung entscheidend. Je früher die Therapie beginnt, umso geringer ist das Sterberisiko.
Welche Symptome treten bei einer Enzephalitis auf?
Die häufigsten Symptome bei einer Enzephalitis sind:
- Verwirrtheit
- Kopfschmerzen
- Krampfanfälle
- Bewusstseinsstörungen
- Fieber
Es können außerdem Verhaltensänderungen, Halluzinationen oder Denkstörungen hinzukommen.
Je nachdem, welches Virus die Entzündung verursacht, können bestimmte Beschwerden auftreten:
- Bei einer Infektion mit Herpes-simplex-Viren treten oft Sprachstörungen wie eine Aphasie auf.
- Arboviren, also Viren, die durch Insekten übertragen werden, verursachen häufiger Bewegungsstörungen.
- Bei einer Infektion mit Enteroviren des Serotyps EV 71 können Zittern, Muskelzuckungen, Bewegungsstörungen und Lähmungen auftreten.
Darüber hinaus können weitere neurologische Symptome vorkommen, beispielsweise eine Halbseitenlähmung, schlaffe Lähmungen einzelner Muskelgruppen oder Gefühlsstörungen.
Manchmal sind Hirnfunktionsstörungen so gering ausgeprägt, dass man sie kaum wahrnimmt.
Bei Neugeborenen und Säuglingen sind die Symptome einer Enzephalitis eher allgemeiner Natur: Sie trinken nicht gut, sind teilnahmslos und träge. Außerdem können Fieber und Krämpfe auftreten.
Was ist die Ursache für eine Enzephalitis?
Eine Enzephalitis kann durch Viren, Bakterien, Pilze oder Parasiten wie etwa Würmer oder Toxoplasmen ausgelöst werden. Man spricht dann von einer infektiösen Enzephalitis.
Daneben gibt es die autoimmune Enzephalitis, bei der das Immunsystem Antikörper bildet, die die Gehirnzellen angreifen und schädigen. Solche Antikörper heißen Autoantikörper.
Etwa 70 Prozent der Gehirnentzündungen werden durch Viren verursacht. Am häufigsten findet man:
- Herpes-simplex-Viren: Sie lösen zum Beispiel Lippenherpes und Genitalherpes aus.
- Enteroviren: Sie verursachen beispielsweise die Hand-Fuß-Mund-Krankheit.
- Epstein-Barr-Viren: Erreger des Pfeifferschen Drüsenfiebers
- Cytomegalieviren
- Varizella-Zoster-Viren: Erreger der Windpocken und der Gürtelrose
- Parechoviren: Sie lösen Atemwegs- und Magen-Darm-Infektionen aus.
- Influenzaviren: Auslöser der Grippe
- Arboviren: Das sind Viren, die unter anderem von Zecken und Mücken übertragen werden. Dazu zählen etwa der Erreger von FSME oder das West-Nil-Virus.
Manchmal führen Infektionen mit Masern-, Mumps- und Rötelnviren zu einer Enzephalitis, selten eine SARS-CoV-2-Infektion.
Die autoimmune Enzephalitis kann auch durch eine Krebserkrankung entstehen. Dabei greifen Immunzellen das Gehirn an, die der Körper gegen Tumorzellen aktiviert hat.
Wie häufig kommt eine Enzephalitis vor?
Die Häufigkeit der Gehirnentzündungen unterscheidet sich je nach Ursache. Etwa 4 bis 8 von 100.000 Menschen erkranken jedes Jahr an einer virusbedingten Enzephalitis. Eine Enzephalitis im Kindesalter tritt bei 4 bis 10 von 100.000 Kindern auf, am häufigsten im ersten Lebensjahr.
Die Jahreszeit hat ebenfalls einen Einfluss auf bestimmte virusbedingte Gehirnentzündungen. Die in Europa verbreitete Frühsommer-Meningoenzephalitis (FSME) tritt dann auf, wenn die Zecken als Krankheitsüberträger besonders aktiv sind. Ähnliches gilt für Gehirnentzündungen, deren Auslöser durch Mücken übertragen werden, wie das West-Nil-Virus.
Welche Folgen kann eine Enzephalitis haben?
In vielen Fällen heilen Gehirnentzündungen ohne Folgen ab.
Bei etwa einem Drittel der Menschen mit einer Enzephalitis treten Spätfolgen auf. Das sind meist schwer behandelbare Krampfanfälle, Störungen der Konzentration, des Verhaltens, des Gedächtnisses oder der Sprache.
Bei circa 1 von 100 Menschen bleiben nach Abklingen der Entzündung massive Funktionsstörungen des Gehirns mit einer anhaltenden Störung des Bewusstseins bestehen.
Bei Kindern, die an einer Enzephalitis erkranken, kommt es bei etwa einem Drittel zu langfristigen Einschränkungen. Je nach Erkrankung kann es etwa zu Entwicklungsverzögerungen, Lernstörungen oder Verhaltensproblemen kommen. Es können auch Störungen der Muskelbewegung, des Sehens, des Hörens oder des Wasserlassens auftreten.
Wie kann man einer Enzephalitis vorbeugen?
Es stehen zahlreiche Impfstoffe zur Verfügung, die sich gegen mögliche Erreger von Gehirnentzündungen richten. In vielen Fällen werden diese Impfungen von der STIKO auch empfohlen, da sie vor den gefürchteten Langzeitfolgen einer Enzephalitis schützen.
Informationen zu Impfempfehlungen und zur Wirkweise von Impfstoffen finden Sie in unserem Beitrag zum Thema Impfungen.
Wie stellt man eine Enzephalitis fest?
Einige Gehirnentzündungen werden durch Erreger verursacht, die man mit Medikamenten direkt bekämpfen kann.
Deshalb ist es wichtig, den genauen Auslöser festzustellen. Um den Erreger näher einzugrenzen, stellen Ärztinnen und Ärzte zunächst einige Fragen, unter anderem:
- zum Gesundheitszustand
- zu benötigten Medikamenten
- zu vorhandenen Impfungen
- zu kürzlichen Reisen
Symptome wie Hautausschläge, Lymphknotenschwellungen, Gedächtnis- und Sprachstörungen oder bestimmte Bewegungsstörungen können Hinweise auf den Erreger geben.
Mit einer Computer- (CT) oder Magnetresonanztomographie (MRT) lassen sich Schichtaufnahmen des Gehirns machen und so Entzündungen nachweisen. Die Stelle im Gehirn, an der die Entzündungsherde auftreten, kann unter Umständen einen Hinweis auf den Auslöser liefern.
Außerdem entnehmen Ärztinnen und Ärzte bei Verdacht auf eine Enzephalitis eine Probe des Nervenwassers (Liquor) aus dem Rückenmarkskanal der Wirbelsäule. Das Nervenwasser ist eine Flüssigkeit, die Gehirn und Rückenmark umgibt. Im Nervenwasser kann man den Erreger durch Erbgutanalysen direkt nachweisen oder es finden sich gegen den Erreger gerichtete Antikörper. Liegt eine autoimmune Enzephalitis vor, lassen sich bestimmte Autoantikörper im Liquor finden.
In einer Blutprobe lassen sich bei einigen Erregern ebenfalls Antikörper nachweisen. Bei Krampfanfällen untersuchen Ärztinnen und Ärzte die Aktivitätsmuster des Gehirns mit einem Elektroenzephalogramm (EEG).
Wie wird eine Enzephalitis behandelt?
Für viele virusbedingte Gehirnentzündungen gibt es keine spezielle Therapie, die gezielt die Ursache bekämpft. Die Behandlung beschränkt sich in diesen Fällen auf symptomlindernde Maßnahmen.
Eine Ausnahme bildet die Enzephalitis, die durch Herpes-simplex-Viren verursacht wird. Diese Form kann unbehandelt schwere Folgen haben. Mit der frühen Gabe des Medikaments Aciclovir lassen sich Spätfolgen verhindern. Deshalb erhalten Patientinnen und Patienten in der Regel sofort Aciclovir, auch wenn man noch nicht genau weiß, welcher Erreger die Erkrankung tatsächlich verursacht hat.
Darüber hinaus kommen Aciclovir und ähnliche Wirkstoffe bei Gehirnentzündungen durch das Varizella-Zoster-Virus oder Cytomegalievirus zum Einsatz.
Krampfanfälle werden mit Medikamenten behandelt. Bei Verhaltensstörungen können ebenfalls vorübergehend Medikamente zum Einsatz kommen.
Nicht-virale Gehirnentzündungen muss man entsprechend ihrer Ursache behandeln. Besteht der Verdacht, dass Bakterien die Ursache sind, kommen frühzeitig Antibiotika zum Einsatz.
Menschen mit einer autoimmunen Enzephalitis bekommen hochdosierte Kortikosteroide. Das sind Medikamente, die entzündungshemmend wirken. Ärztinnen und Ärzte haben zudem die Möglichkeit, eine Blutwäsche (Plasmapherese) und Medikamente einzusetzen, die das Immunsystem dämpfen (Immunsuppressiva). Das soll verhindern, dass die Antikörper weiter Schaden anrichten.
- Deutsche Gesellschaft für Neurologie e.V. (DGN). Virale Meningoenzephalitis. S1-Leitlinie. AWMF-Registernummer 030 – 100. 01.2018.
- Robert Koch-Institut (RKI). FSME: Antworten auf häufig gestellte Fragen zu Zecken, Zeckenstich, Infektion. Aufgerufen am 22.01.2025.
- Rudolph H, Porto L, Tenenbaum T. Schwer verlaufende Meningitis und Enzephalitis bei Kindern und Jugendlichen. Monatsschr Kinderheilkd 170, 986–996 (2022).
- Said S, Kang M. Viral Encephalitis [Updated 2021 Aug 11]. In: StatPearls (Internet). Treasure Island (FL): StatPearls Publishing. 2023 Aug-. Aufgerufen am 22.01.2025.
Geprüft durch die Deutsche Hirnstiftung e.V.
Stand: